Wie kann man C.F.D. Schubart heute „verkaufen“?

Die 40 Zuhörer, die zum Heimatverein-Vortrag des Aalener Stadtarchivars Dr. Roland Schurig ins Oberkochener Schillerhaus erschienen waren, waren einhellig der Meinung: Dieser Vortrag war absolute Spitze. – Dr. Schurig ließ, durch Bilder unterstützt, ein so vielschichtiges und eindringliches Bild dieses ersten deutschen und äußerst kantigen Journalisten - mit eigener Zeitschrift (Teutsche Chronik) zum Zwecke der Vervielfältigung und Verbreitung der eigenen Meinung - entstehen, dass man mit dem besten Vorsatz: „Jetzt lesen wir Schubart“ nach Hause ging.

Christian Friedrich Daniel Schubart (1739 – 1791) stand am Schluss des Vortrags fast leibhaftig, und, wo möglich, geistig und seelisch geröntgt vor den Zuhören: Talentierter Gesellschaftskritiker, scharfer Sozialkritiker, provokanter, oft polemischer Journalist (keine Trennung von Bericht und Kommentar), Dichter, Lyriker, Komponist, Organist, Protestant und Protestierer, Hauslehrer und vor allem Lehrer auf dem Holzweg, der seinen Frust an den Geislinger Schülern rauslässt, verkrachter Prediger, geltungs- und mittelpunktssüchtiger Gutesser, Vielfraß, Säufer, Schürzenjäger, schwieriger Ehemann mit dem Schwiegervater als Erzfeind, Verfolger und Verfolgter.

Ansonsten: Unstet von Ort zu Ort: Aalen, Erlangen, Geislingen, Ludwigsburg, München, Augsburg, Ulm, Stuttgart. - Ungeduldig, respektlos, widersprüchlich. Tendenz: Gegen Aristokratie und Geistlichkeit. Absolutisten- und Jesuitenhasser. Dennoch eine Zeitlang herzoglicher Hofpoet. Jedoch in der Regel nicht gegen die Monarchie an sich gerichtet, sondern gegen deren Repräsentanten, vor allem Herzog Karl Eugen. Schubart kritisiert nicht global, sondern nur gezielt Ausgewähltes. Folge: Herzog verfügt Landesverweis und später 10 Jahre kreative Haft auf dem Hohen Asperg. Schillerbesuch. Haft als Erziehungsmittel des Herzogs?

Gedichte erscheinen während der Haft. Nach der Haft durch Vermittlung des Herzogs: Theaterdirektor in Stuttgart. Schubart nun grüblerisch, selbstkritisch – zuletzt eher inaktiv. Nach Tod gibt Sohn Ludwig Schubarts Werk heraus und stellt fest, dass sein Vater Opfer der väterlichen Erziehung einerseits und der herzoglichen Gängelung andereseits geworden ist – konnte sich trotz der Freiheiten, die er sich nahm, nicht frei entfalten.

Schubart heute als Aalener Renommierbürger: Schubart-Denkmal, Schubartpreis, Schubartgymnasium, Schubartstraße… Dennoch: Schubart-Museum geschlossen, weil kein Interesse. - Alle reden über Schubart. Wenige wissen Genaues über ihn. Keiner liest ihn… Die Aalener Presse erschien zum Vortrag nicht. - Jede Zeit, bis hin zum Dritten Reich, macht aus Schubart, was ihr gerade zu Passe kommt. Auch sein Denkmal wandert je nach Zeitgeist hin und her.

Wie verkauft man heute Schubart? Nicht durch „Buch in einer Vitrine“ sondern durch aktive darbieterische Eindringlichkeit.

Karl Elmer, der Vorsitzende des Heimatvereins Oberkochen, hatte die Zuhörer und den Referenten in einer profunden Einführung begrüßt und dankte Dr. Schurig, sarkastisch auf ähnliche Einverständnis-Vergleiche der Vergangenheit anspielend, mit den Worten: „Schubart wäre mit diesem Vortrag einverstanden gewesen“.

DB

 
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