Die Brenztalbahn zwischen Aalen und Ulm wird 150 Jahre alt. Eine Dampfloksonderfahrt am 13. September 2014 erinnert an dieses bedeutende Jubiläum.
»Die Brenztalbahn ist keine besondere Eisenbahnverbindung und von keiner größeren Bedeutung. Sie überwindet keine hohen Berge und verbindet auch keine großen Verkehrsgebiete. Sie hat lediglich einen Tunnel, ein paar Brücken über die Brenz, ist für zwei Geleise ausgelegt, hat aber nur eines, und feiert am 15. September 2014 ihren 150. Geburtstag.
Ihre Geburt war lang, ganze 28 Jahre hat sie gedauert, und sie wurde nicht an einem Stück in die Welt gesetzt; 1864 von Aalen nach Heidenheim und erst zwölf Jahre später nach Ulm. Sie trat auch nicht durch besondere Leistungen ins Rampenlicht, sie tat nur treu ihre Dienste und ist eine Selbstverständlichkeit in unserem Leben geworden.«
So schreibt Uwe Siedentop, ein ausgewiesener Eisenbahnfreund und Kenner der regionalen Eisenbahngeschichte, in seinem Buch über die Brenztalbahn, dessen überarbeitete Auflage vor kurzem neu erschienen ist. Am 15. September feiert die Brenztalbahn ihr 150-jähriges Bestehen. Anlass für einen kurzen geschichtlichen Rückblick.
Vorgeschichte
Die beginnende Industrialisierung in Europa ging einher mit dem Ausbau der Verkehrswege. Die Eisenbahn spielte dabei eine wichtige Rolle. Bereits 1825 baute der Brite George Stephenson die erste Dampflok für die Beförderung von Gütern und Menschen. Die erste Eisenbahn in Deutschland fuhr 1835 zwischen Nürnberg und Fürth. Auch im damaligen Königreich Württemberg machte man sich Gedanken darüber, eine Verkehrsinfrastruktur aufzubauen. Dabei ging es zunächst darum, Rohstoffe und Güter schneller und billiger zu transportieren. 1834 kam eine königliche Kommission zu dem Ergebnis, dass » ... eine Eisenbahn dasjenige Kommunikationsmittel höherer Ordnung ist, auf welches im Interesse der Verbindung des Neckars mit der Donau und dem Bodensee zunächst Bedacht zu nehmen sein dürfte.«
Die Richtung der Verkehrsbahnen, so der Vorschlag der Kommission, solle durch die Täler der Rems, des Kochers, der Brenz und von da an der Donau aufwärts nach Ulm verlaufen. Weiter solle sie von der Donau durch die Täler der Riß und der Schussen nach Friedrichshafen geleitet werden. In Württemberg, wie fast überall in Europa, nahmen von diesem Zeitpunkt an die Eisenbahnen das gesamte Interesse und die ganze Leistungsfähigkeit des Landes in Anspruch.
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren die wichtigsten Eisenbahnlinien und -verbindungen des damaligen Königsreichs hergestellt. Am 29. Juni 1850 konnte die gesamte Strecke Heilbronn-Stuttgart-Filstal-Alb-Ulm-Friedrichshafen durchgängig befahren werden. Nun machte man sich daran, weitere Eisenbahnlinien zu schaffen. Dabei stand auch das gewerbereiche obere Kocher- und Brenztal im Fokus, vor allem wegen der zahlreichen Hüttenwerke und eisenverarbeitenden Betriebe in Abtsgmünd, Wasseralfingen, Unterkochen, Königsbronn und Heidenheim.
Der Bau der Brenztalbahn
1862 wurde dann mit dem Bau der Eisenbahnstrecke Heidenheim - Aalen begonnen. In diesem Zusammenhang wurde auch Oberkochen an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Bereits im Juli 1863 wurde die Strecke abgesteckt und schon ein Jahr später, nämlich am 13. September 1864, wurde sie feierlich eröffnet.
Der Weiterbau der Brenztalbahn nach Ulm scheiterte zunächst am Widerstand Bayerns. Hierzu muss man wissen, dass das ursprünglich bayerische Ulm erst wenige Jahre zuvor dem Königreich Württemberg zugeschlagen wurde, und die ursprünglichen Pläne zum Ausbau der Brenztalbahn davon ausgingen, die Strecke in Sontheim nach Nördlingen abzuzweigen. Dies vor allem deshalb, weil die für die Industriebetriebe im oberen Brenztal benötigte Steinkohle über die bayerische Eisenbahn nach Nördlingen geschafft und von dort mittels Kutschen weitertransportiert wurde. Nachdem jedoch Ulm württembergisch geworden war, bevorzugte man eine direkte West-Ost-Verbindung von Stuttgart nach Nürnberg, während Bayern eine Nord-Süd-Verbindung Würzburg - Nördlingen - Lindau anstrebte.
Am 21. Februar 1861 schlossen die beiden Königreiche Bayern und Württemberg einen Vertrag, wonach sich die württembergische Seite verpflichtete, 12 Jahre lang keine Eisenbahnverbindung nach Ulm herzustellen, die die Filstalbahn und die Remsbahn mit der Stadt bzw. der Brenztalbahn verbinden könnte.
1872 begannen dann die Planungen zum Weiterbau der Brenztalbahn bis Ulm. Am 25. Juli 1875 wurde der Abschnitt Heidenheim - Niederstotzingen eröffnet, am 15. November desselben Jahres der Abschnitt nach Langenau. Die letzte Strecke nach Ulm wurde am 5. Januar 1876 freigegeben. Im Laufe ihrer wechselvollen Geschichte erlebte die Brenztalbahn Höhen und Tiefen. In den 1980er Jahren wurde sogar in Erwägung gezogen, den Personenverkehr zwischen Heidenheim und Ulm komplett einzustellen. Mittlerweile ist die Bahn aber wieder attraktiv geworden, nicht nur für den Güter-, sondern auch für den Personenverkehr. Vor allem Pendler nutzen wieder die mit der Bahn verbundene Mobilität.
Die Brenztalbahn ist noch heute eine wichtige Eisenbahnstrecke im Eisenbahnnetz Baden-Württembergs und bietet Anschlüsse an die großen süddeutschen Metropolregionen Stuttgart, Nürnberg und München, von wo aus transnationale Verbindungen in die europäischen Metropolen möglich sind. Stuttgart 21 und der geplante Neubau der Strecke Nürnberg - Erfurt - Berlin würden weitere und kürzere Verbindungen innerhalb Deutschlands, vor allem aber auch nach West- und Osteuropa ermöglichen. Hierzu müsste die Brenztalbahn allerdings ausgebaut werden. Notwendig wären vor allem eine Elektrifizierung der Strecke sowie ein – zumindest teilweise – zweigleisiger Ausbau.
Vor wenigen Monaten wurde auf Initiative des Landkreises Heidenheim und der Stadt Ulm eine Interessengemeinschaft Brenztalbahn gegründet, der alle Anrainerkommunen beigetreten sind und die den erwähnten Ausbau der Strecke zum Ziel hat. Die Stadt Oberkochen gehört ebenfalls dieser Interessengemeinschaft an.
Der Bahnhof Oberkochen
Der Bau des Bahnhofgebäudes in Oberkochen ist eng mit der Brenztalbahn verbunden. Es wurde ebenfalls 1863 erbaut. Architekt war der bekannte Eisenbahningenieur Georg von Morlok, der alle Bahnhöfe auf der Brenzbahnstrecke zwischen Aalen und Ulm baute.
Der von Morlok erbaute Oberkochener Bahnhof wurde im Laufe der Jahre mit einem größeren Wartesaal in nordöstlicher Richtung und einem Fahrdienstleiterraum in südwestlicher Richtung erweitert. Fast 110 Jahre lang war das Bahnhofgebäude eine Visitenkarte, die den Bahnreisenden, die nach Oberkochen kamen, einen positiven Eindruck vermittelte. Im Jahre 1972 wurde jedoch das architektonisch wertvolle Gebäude aus dem Denkmalschutz entlassen und mit hässlichen Etemitplatten verkleidet, um die Kosten für einen neuen Außenputz zu sparen. Damit die Wandverkleidung passte, wurden leider auch Rundbogenfenster begradigt und die Sandsteinbrüstungen zwischen dem Erdgeschoss und dem Obergeschoss abgeschlagen.
2004 wurde schließlich die Fahrkartenausgabe im Bahnhof Oberkochen geschlossen. Durch den Einbau moderner Stellwerktechnik hatte er keine Funktion mehr. Das Gebäude war somit für die Bahn entbehrlich geworden und dämmerte ungenutzt vor sich hin. Bemühungen der Stadt Oberkochen, den Bahnhof umzunutzen, schlugen zunächst fehl. Dies lag vor allem an den komplizierten und langwierigen Verhandlungen mit der Bahn. Gemeinsam mit dem privaten Investor Franz Rank aus Oberkochen gelang es dann aber der Stadt im November 2007, das Gebäude zu erwerben, um es wenige Minuten später an den Investor weiterzuveräußern. Dieses komplizierte Prozedere war notwendig, weil die Bahn bestimmte vertragliche Konditionen nur der Kommune einräumen konnte, nicht jedoch Privatpersonen.
Wie auch immer; der Verkauf an Franz Rank war ein Glücksfall. 2008 begann er mit dem aufwändigen und umfangreichen Umbau des Bahnhofgebäudes, das jetzt wieder ein Schmuckstück in Oberkochen darstellt. Nachdem es zunächst als Café und Bistro genutzt wurde, beherbergt es derzeit ein asiatisches Restaurant, das gerne und gut frequentiert wird.
Wer sich für die Geschichte der Brenztalbahn interessiert kann diese im Buch »Die Brenztalbahn« (ISBN 978 3 925887 35 2) von Uwe Siedentop nachlesen. Es wurde aktuell überarbeitet und ist im Selbstverlag erschienen. |