Bier weg

Kam einer total fertig in die „Grube“, setzte sich an den Stammtisch und bestellte ein Bier.

Nach geraumer Zeit kam noch einer, sagte „Grüß Gott“, setzte sich, obwohl der andere nicht reagiert hatte, neben denselben und schaute diesen, der den Kopf tief in die aufgestützten Hände vergraben hängen ließ, mitleidig an und hatte das Gefühl, dass er ihm irgendwie helfen müsse.

„He Kumpel“, sprach er ihn an,- „hasch Probleme“?

Der andere reagierte nicht.

Nach einer längeren Pause versuchte der Neue ein zweites Mal, Kontakt mit dem Fertigen zu bekommen – aber, was er auch anfing – der andere rührte sich nicht und blieb stumm.

Da griff der Menschenfreund zu einem bekannten Mittel, das redeunlustigen Wirtschaftsbesuchern in der Regel das Maul öffnet: Er nahm das Bierglas des Schweigsamen, trank es in einem einzigen langen Zug bis zum Boden aus, und stellte es mit provokativer Geste, verbunden mit einem lautem Knall, wieder vor den Geschädigten. - „So“, sagte er – „on jetzt sagsch Du mir, was mit Dir los ist,- Mann, - Du musch mit äbber reden, ich merk das doch, - Du bisch fertig - - - Auf,- schwätz, - sonst machsch Du heut no irgend ’n Scheiß“.

Tatsächlich schien der Bann plötzlich gebrochen. Der Fertige nahm den Kopf aus den Händen und begann zu reden... Er hatte offenbar tatsächlich Probleme, die er allerdings zunächst nicht nannte. Aber bald hob er an und erzählte wie folgt:

„ … Gestern Abend hab ich halt einen drauf gemacht und bin dann heute Morgen mit einer Kiste ins Geschäft gegangen. Mein Chef spannte das alsbald und warf mich hochkant hinaus – ich bräuchte nicht wieder zu kommen. So Leute wie mich könne man nicht verwerten.

So ging ich wieder in die Wirtschaft und trank mir Mut für meine Frau an.

Als ich diesen zu haben glaubte, ging ich nach Hause und berichtete meiner Frau, dass ich im Geschäft gefeuert worden sei, worauf mein Weib brüllte, ich solle mich umgehend ein für alle Mal verpissen und ja nie wieder kommen – sie habe jetzt endgültig die Nase voll von mir.

Das hat mir in dieser ausweglosen Situation den Rest gegeben. Ich beschloss, meinem Leben ein Ende zu bereiten, stieg auf die Bühne unseres Hauses und wollte mich ins Dach hängen – aber der Strick war morsch und riss. In meiner Verzweiflung ging ich also wieder auf die Straße und zog Richtung Bahnhof - in der festen Absicht, mich vor den nächsten Zug zu werfen und mich aus der Welt zu schaffen.

Das machte ich auch – aber der Lokführer schaffte es, den Zug einen halben Meter vor mir zum Stehen zu bringen. Wieder nix.

Da beschloss ich, eine Portion Rattengift zu besorgen, um die Sache im dritten Anlauf zu Ende zu bringen.
Gedacht, getan.

Mit dem Rattengift im Sack bin ich dann wieder hierher in die „Grube“, bestellte mir ein Bier und kippte das Gift hinein. . . und gerade da kommen Sie blöder Hammel und trinken mir mein Bier weg….“

 
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